Inferno Triathlon 2014
2 Jahre ist es her, als ich das erste mal mit Triathlon in Kontakt kam. Damals, als ich am Uster Triathlon 2012 die Radstrecke mit für mich damals unglaublich vielen Höhenmetern in der Staffel abgefahren bin, hätte ich niemals gedacht, was in meiner Laufbahn noch alles auf mich wartet.
Es ging nicht lange, da hörte ich bereits erstmals vom Inferno Triathlon. In meiner Vorstellung musste man in ein mit dunklen Wolken durchzogenes Tal schwimmen um danach zwischen Blitzen hindurch Berge mit dem Rennrad zu erklimmen. Bis zum Rennen kamen meine Gedanken nicht, oder ich habe sie verdrängt. Etwas, das ich auch zwei Jahre später gemacht habe, als ich dann gemächlich aufs Schilthorn marschierte.
Ein Jahr und sechs Triathlons später hatte ich mich dann entschieden. Ich würde im Trainingslager auf Fuerteventura um 3 Uhr aufstehen und als einer der ersten für den Inferno Triathlon in diesem Jahr angemeldet sein. Getestet hatte ich das Ganze ja bereits schon mal am Üetliberg, mit etwa einem Viertel der Höhenmeter und der Strecke, das konnte ja gar nicht schief gehen.
Nun aber kam die Zeit rasant näher, und ohne Plan, wusste ich, würde ein solches Ziel auch nur schwer erreichbar sein. Also entschloss ich mich für einmal auf meine Trainingsfreunde zu hören und liess mir für den letzten Monat einen Trainingsplan zusammenstellen, welcher im Schaffhauser Triathlon und am Tag darauf dem Internationalen Rigiberglauf ‘gipfelte’. Am Ende dieses Tages wurde mir klar, was es heissen würde: Von Mürren nochmals einen Pilatus (super sichtbar von da oben) zu erklimmen. Ich wusste damals aber noch Nichts von den Temperaturen die mich auf dem Schilthorn erwarten würden.
So verging die Zeit. Wie auf Nadeln harrte ich die Tapering Phase aus. Eine Qual für jemanden, der nicht ruhig sitzen kann. Also scharrte ich mir Schokolade rein – das half zwar, aber würde mich auch teuer zu stehen kommen.
Dann war er da, der Tag an dem ich mit der besten Supporterin, die ich mir vorstellen kann los gereist bin und um meine Abenteuerutensilien im gesamten Berner Oberland zu verteilen. Die erste Schockstarre trat ein, als feststand, dass die Schwimmstrecke gestrichen ist. Jeder Erfolg auf einem Teilstück Zeit gut zu machen, war verflogen. Das spielte bei mir aber keine Rolle mehr. Ich wusste, dass ich den Inferno wegen der Aussicht mache, und die konnte mir dieser Sommer wohl kaum stehlen, oder?
Nun wie es so kam, stand ich am Infernomorgen auf und verpflegte mich erst mal mit Honigbrot an Honigbrot. Viel essen soll man ja. Nur das Birchermüsli ging noch rein danach, dann war ich pappsatt.
Während wir gemächlich mit der Fähre nach Oberhofen kutschiert wurden, wurde es langsam hell. Ein tränendes Auge suchte den Horizont nach dem Oberhofener Schloss ab, ein lachendes genoss nochmals die glücklichen Gesichter, welche tief verrunzelt an das Bevorstehende zu denken schienen.
Dann der Startknall, und mit einem lockeren Pace war ich gut im hinteren Drittel positioniert, genau an der Stelle, an der ich dann auch mit dem Bike starten wollte. Ich dachte, ich werde genug Kraft auf dem Rad aufbringen, um meinen Rückstand wieder gutzumachen. Das tat ich auch. Mit einem super Pace der Sonne entgegen bis aufs Top des Beatenbergs. Unterdessen hatte mich meine Uhr bereits zweimal darauf hingewiesen, dass ich doch mal etwas zu mir nehmen solle. Aber das geht ja nur schwer, wenn es so bergauf drückt. Dann wieder runter in die Fläche und schon hatte ich mir einen Farmerriegel und ein Zuckergel einverleibt. Nun ging es um Triathlon, nun kam die Ebene. Geübt an so vielen Anlässen. Und husch, die erste Supporterin vorbei. Ich war super happy.
Am Fusse der Grossen Scheidegg bin ich von der Spitze der Staffeln überholt worden. Ein Indiz dafür, dass ich eine gute halbe Stunde hinter den vordersten Singles war. Noch immer endorphingetrieben tritt ich in die Pedalen, und wurde von Kurbeldrehung zu Kurbeldrehung langsamer. Die Ladies, die ich am Beatenberg so locker stehen gelassen hatte, stellten sich plötzlich als die besseren Planerinnen heraus. Mein Bauch war prall von all dem Wasser, den Riegeln und dem Gel, welche ich die letzten Stunden nur so runtergespült hatte. Die Beine, die mich beim Training nur so die Grosse Scheidegg hochgeballert hatten, wurden schwer und die Aussicht auf eine weisse, alles umhüllende Wolkendecke drückten mir aufs Gemüt. Ich brauchte Salz, also fasste ich in mein Radshirt und holte das entsprechende Gel heraus. Spitze abgerissen und mit der Gelhand wieder im Trikot versorgt, lief mir dann aber eine ganz andere Sauce über meine Hände. Mit Schrecken stellte ich fest, dass die Woche zuvor die falschen Gels ihren Weg in meine Einkaufstüte gefunden hatten, und meine Hand war überzogen mit verschwitztem Zuckerguss. Schnell abgewischt mit dem letzten Wasser, hatte ich nur noch Iso für die letzten Höhenmeter, die da in der grauen Suppe auf mich lauerten.
Nun war es überstanden, Teil eins geschafft. Und runter gings. Entkräftet, und voller Angst, dass dieses Vorhaben doch zu gross für mich ist, liess ich massenweise Superprofis an mir vorbeischnellen. In der Wechselzone geschah es dann. Ich fuhr in Richtung Einfahrt und da war eine ganze Ecke Zuschauer nur für mich da. Eine Ecke die kreischend auf und ab hüpfte so dass es mir sofort die Tränen in die Augen trieb. Zum Glück konnte ich erst einmal mein Rennrad abgeben und mir beim Kleiderwechsel erst mal die Augen trocknen reiben. Doch nix da, ich packe das Mountainbike und drücke meine Supporterhorde, da laufen die Tränen nur noch und ich halt mich am Lenker fest und drücke weiter. Doch zweihundert Meter weiter steht bereits mein Trainer und schickt mich weiter voran.
Das Kurbeln fällt wieder leicht. Eine Erholung und meine Freunde haben gut getan. Dies hält jedoch nur für ein paar hundert Höhenmeter an. Immer wieder hole ich dieses Gefühl von der Wechselzone in mein Bewusstsein, lache, weine, und schaue auf das monotone Drehen meiner Kurbel, wie sie mich langsam voranbringt und wie ein Pendel in eine Trance versetzt bis ich absteigen muss für den letzten steilen Stutz. Aber denkste, ich könnte wieder aufsitzen nach dieser Schieberei? Sicher nicht. Meine Beine lassen das nicht mehr zu. Krämpfe auf der Innenseite meiner Oberschenkel verhindern jeden Tritt. Doch zum Glück waren die lieben Helfer vor Ort mit dem ersehnten Salz in Form von Bouillon. Schmeckt übrigens super in Kombination mit Banane und Schokolade, kann ich jedem wärmstens empfehlen.
Und runter gings. Ich liebe es!
Somit fielen die Emotionen in Stechelberg etwas ruhiger aus. Nur gibt es weit und breit kein Salz, und meine Supporter haben auch keines dabei.
Und erst jetzt, das wusste ich, beginnt für mich der Inferno. Die ersten fünf Kilometer hab ich schnell hinter mich gebracht und nun gings bergauf. Kurz vor der Grütschalp begann dann mein ganzer Körper zu beben. Die Energie war weg, die Kraft zermalmt. Aber es gab wieder was Salziges, diesmal Würstchen mit Bouillon. Nicht ganz die Geschmackskombination der Kleinen Scheidegg, aber auch ganz verträglich.
Die nächsten Kilometer musste ich rennen, schön flach den Gleisen entlang mit dem Blick über die Trümmelbachfälle und auf Mürren in der Ferne, das aber rasant näher kam. Eine Aussicht, die mein Gemüt erhellte. Wie auch meine Freunde wiederzusehen und einen letzten Energieschub zu erhalten. Doch als ich da war, fiel ich meiner Freundin um den Hals und begann zu heulen. Irgenwann konnte sie sich lösen und ich bekam aus dem geklauten Salzstreuer direkt eine Priese Salz auf die Zunge. Ich war mir sicher, dieser Geschmack übertraf die Schokolade bei weitem. Dennoch brach ich ein, ging in die Knie. Aber meine Gruppe von nun doch mehr als sechs Leuten stützte mich und spornte mich an.
Die letzten sieben Kilometer lagen vor mir. An rennen war nicht mehr zu denken. Zu steil war der Aufstieg. Ablenkung durch die traumhafte Aussicht war mir weiterhin verwehrt. Ich begann zu gehen. Einen Fuss vor den anderen, ein Verpflegungsstop am nächsten und irgendwann kam ich an.
Es war kurz vor 8 Uhr und das Schneegestöber hatte mir alle Kraft geraubt. Meine Freundin war die Einzige, die da draussen stand um mich in Empfang zu nehmen. Dieses unbeschreibliche Glück liess mich so die letzen Treppenstufen hochrennen. Es war einfach nur geil!
Nun sind zwei Tage vorbei, und ich kann es kaum fassen, wo ich überall war, welche Gefühle ich durchlebte, wie mir geschah.
Das Alles wäre unmöglich gewesen, ohne meine Freunde, die mich an den ersten Triathlon mitnahmen, den Leuten die immer an mich glaubten, mir das Schwimmen beibrachten, meinen Trainingsplan schrieben, meine verrückten Ideen immer unterstützten und mich zu meiner grössten sportlichen Leistung bisher hin mitbegleiteten.
Unsagbaren Dank verdienen aber auch die Helferinnen und Helfer, die unermüdlich in kleinen Zelten auch für die letzten Athleten ein Lachen und Futter bereit hielten.
Danke an den Inferno 2014!